Geschichte der SPD Nuthetal – Gründungsjahr 1990

 

Gründungsurkunde

Gründung der SPD Nuthetal

(fast alle Bilder können durch Anklicken vergrößert werden!)

Am 11. Januar 1990 gründete sich die Ortsgruppe Bergholz-Rehbrücke der SDP/SPD in einem privaten Wohnzimmer.

Anwesenheitsliste

Auf der Gründungsversammlung waren auch Mitglieder aus Potsdam anwesend und Bürgerinnen und Bürger, die sich später nicht für eine Parteimitgliedschaft entschieden. Von den Anwesenden bekannten sich schließlich 10 Bürgerinnen und Bürger aus Bergholz-Rehbrücke zur SDP und wählten Herbert Kutschbach zu ihrem ersten Sprecher.

Mit dabei war auch Susanne Melior aus Langerwisch, später für unseren kreis im Landtag und heute Europaabgeordnete für Brandenburg. Sie kümmerte sich seinerzeit als eine der ersten Sozialdemokratinnen in der Region um die Bildung von Ortsverbänden.

hektographiertes Statut

Offizielle Druckschriften waren 1990 noch knapp. Und deshalb brachte Susanne Melior das Parteistatut der SDP zur Gründungsversammlung nach Bergholz-Rehbrücke als hektographierte Abschrift mit.

Der junge Ortsverein wuchs rasch: Weitere Bürgerinnen und Bürger, die an der Gründungsversammlung nicht teilnehmen konnten, stießen als Mitglieder hinzu. Trotz einiger Austritte und Wegzüge schon in den ersten Wochen zählte er bis Sommer 1990 immerhin bereits 16 zahlende Mitglieder.

Noch heute sind Mitglieder der ersten Stunde in unserem Ortsverein ununterbrochen aktiv. Andere Gründungsmitglieder sind nach vielen aktiven Jahren für die Sozialdemokratie verstorben.


Mitgliedschaft ehemaliger SED-Mitglieder?

Vor einer Mitgliedschaft musste aber eine wichtige Hürde genommen werden: Ein Aufnahmeantrag wurde nur angenommen, wenn dieser einstimmig befürwortet wurde. Intensiv beschäftigte den Ortsverein dabei die Frage, ob auch ehemalige SED-Mitglieder oder Mitglieder von „Blockparteien“ Aufnahme finden könnten. Noch sah man die Gefahr der Unterwanderung durch das alte Machtsystem der SED. Auch waren noch nicht alle geschlagenen Wunden der beruflichen Diskriminierung und politischen Unterdrückung verheilt.

Beschluss zur Aufnahme ehemaliger Mitglieder der SED

Man kam deshalb überein, über jeden Einzelfall gesondert zu entscheiden und legte bereits in der zweiten Mitgliederversammlung hierfür – strenge – Regeln fest: Eine Aufnahme ehemaliger Mitglieder der SED war nur bei Zustimmung aller Mitglieder möglich, Mitglieder ehemaliger „Blockparteien“ bedurften immerhin einer Mehrheit von 60% der Stimmen.

 


Kontoeröffnung

Der Ortsverein im Gründungsjahr

Bescheinigung

Die Eröffnung des Vereinskontos bei der Sparkasse erfolgte noch „auf der Grundlage des Gesetzes über das Vertragssystem in der sozialistischen Wirtschaft“. Der Bürgermeister hatte dazu eine amtliche Bescheinigung zur Vorlage bei der Sparkasse ausgestellt.

Mietvertrag Saal IG

Die Wahlkämpfe kosteten – z.B. betrug die Saalmiete beim VEB Getreideinstitut stattliche 200 M oder der Aushang eines Plakats zur Wahl 20 M. Und auch die technischen Möglichkeiten, Einladungen an die Mitglieder zu vervielfältigen oder Flugschriften zu drucken, waren beschränkt.

Während die abzuwickelnden ehemaligen Überwachungsorgane der DDR und die Blockparteien gut ausgestattet waren – bei den neuen sozialdemokratischen Parteigliederungen und anderen demokratischen Bürgervereinigungen herrschte Mangel an Arbeitsmitteln. Und so bemühte sich auch unsere Ortsgruppe bei der Auflösung der Bestände des Amtes für Nationale Sicherheit – des nur kurzzeitig existierenden Nachfolgers des Stasi-Ministeriums – berücksichtigt zu werden (Antrag auf Materialzuteilung Bild links).


Kommunalwahl 1990

Kommunalprogramm 1990

Schon gleich nach der Parteigründung wurde für die Anfang Mai 1990 anstehenden Kommunalwahlen ein Wahlprogramm erarbeitet. Arbeitsplatzsicherheit und eine bessere Wirtschaftsstruktur, Mietrecht und Eigentumsfragen, besserer Umweltschutz und eine offene Kultur waren die Ziele.

Der junge SPD-Ortsverein organisierte zahlreiche öffentliche Veranstaltungen zu den Kommunalwahlen im Mai 1990, zu den Landtagswahlen im Oktober und den Bundestagswahlen im Dezember. Das Interesse an den öffentlichen Diskussionsveranstaltungen war z.T. riesengroß. So kamen etwa zu einer Veranstaltung mit der Bundestagsabgeordneten Dagmar Luuk zum Thema „Die Region Berlin und die Deutsche Einheit“ über 100 Interessierte. (Flugblatt links)

Mitglieder der SPD Nuthetal übernahmen Verantwortung in der Gemeindevertretung (5 Gemeindevertreter der SPD-Liste) und im Kreistag (3 Kreistagsmitglieder) (Bild rechts: Dr. Alfred Täufel als Kandidat für den Kreistag).

Regelmäßig berieten die Gemeindevertreter die Beschlussvorlagen auch in den Ortsvereinsversammlungen der SPD und ein Blick in die Beratungsprotokolle zeigt das große Engagement für die erfolgreiche Entwicklung unserer Gemeinde. Die Themen der ersten Monate waren:

  • Planung einer neuen Siedlung in Bergholz
  • Überlegungen für neue Tankstelle
  • Erdgasanschluss für die Gemeinde
  • Eröffnung des „PLUS“-Marktes auf dem „Spezialbaugelände“
  • Gründung einer Schiedsstelle
  • Bushaltestellen und Fußgängerüberwege für die Scheunert Allee, …

Auch mit dem Ausgang der Landtagswahl im Oktober 1990 konnten die Rehbrücker Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zufrieden sein: Mit fast 40% der Zweitstimmen wurde die SPD auch im Ort stärkste Partei. Als Landtagsabgeordnete wurde Christel Dettmann gewählt.

Für viele ehemalige DDR-Bürgerinnen und Bürger war mit der Wende nicht nur eine Zeit der freien demokratischen Mitbestimmung gekommen, sondern auch persönlche und wirtschaftliche Unsicherheit. Die Bestimmungen des Einigungsvertrages über die Rückgabe von Eigentum verursachten große Sorgen, der wirtschaftliche Umbruch kostete zahlreiche Arbeitsplätze. Auch der engagierte Gründungsvorsitzende der Rehbrücker SPD verlor seinen Arbeitsplatz und legte deshalb seinen Vorsitz nieder. Noch vor Ablauf des ersten Vereinsjahres wurde deshalb ein neuer Ortsvereinsvorstand gewählt.


Der Ortsverein im Jahr 1991


Redaktioneller Hinweis: Die Ausführungen beruhen auf der Auswertung von Unterlagen von Gründungsmitgliedern, die langjährig im Vorstand des Ortsvereins aktiv waren. Die Unterlagen sind umfangreich, aber nicht lückenlos. Sie enthalten zwar zahlreiche Hinweise auf die Beratungen in der Gemeindevertretung, spiegeln aber auch diese nicht umfänglich wieder. Ein Anspruch auf Vollständigkeit der Darstellungen wird schon deshalb nicht erhoben.