Altanschließer 2011

„Altanschließer“-Problematik

Der kommunale „Wasser- und Abwasserzweckverband Mittelgraben“ erhebt derzeit auch bei sog. „Altanschließer“-Grundstücken Beiträge. Je nach Grundstücksgröße kommen da einige tausend Euro zusammen. Das schafft Ärger, wer möchte schon gerne Jahre später noch von saftigen Kostenbescheiden überrascht werden. Und das Vorgehen wirft viele Fragen auf, die vom Verband beantwortet werden müssen.

Werden hier etwa zu Unrecht bereits zu DDR-Zeiten geleistete Investitionen nochmals abgerechnet? Werden Bürger für ihre Eigenleistungen nochmals zur Kasse gebeten? Warum zahlt das nicht die Gemeinde? Mancher Diskussionsteilnehmer scheint sich aber zu irren.

Eigentümer von Grundstücken, die bereits zu DDR-Zeiten an die zentrale Abwasserentsorgung angeschlossen waren (Altanschließer), erhalten derzeit Beitragsbescheide des Abwasserzweckverbandes. Der zuständige Verband zieht sie damit – wie alle anderen Grundstückseigentümer auch – zu den Kosten heran, die für den Ausbau und die Modernisierung von Abwasseranlagen nach der Wende entstanden sind.

Die Linken finden das ungerecht. Sie finden, dass Altanschließer nicht zahlen müssen. Bürgermeisterin Ute Hustig zeigte sich entrüstet und hat deshalb bei der Landtagsfraktion der SPD um Änderung des Gesetzes gebeten. Der Vorsitzende der Ortsgruppe der Linken Werner Wienert schreibt in unserem Amtsblatt von „Abzocke“ und Ungerechtigkeit. Die Altanschließer seien an fertiggestellte Anlagen angeschlossen gewesen. Deshalb sei es unverständlich, dass sie an den Investitionen nach der Wende beteiligt würden.

Woher soll das Geld nach Ansicht der Linken kommen? Interessant ist, dass die Linken einfach sagen, die Altanschließer sollten nicht zahlen. Was sie nicht sagen: Wer soll dann bezahlen? Denn das Geld muss irgendwoher kommen. Sonst geraten unsere Abwasserzweckverbände ins Minus. Wenn die Investitionskosten nicht über Beiträge geholt werden können, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder es wird eine Umlage bei Nuthetal und Michendorf erhoben, die den Abwasserzweckverband bilden. Dann zahlen alle Steuerzahler, auch die ohne Grundeigentum. Oder die Wasserpreise werden erhöht. Was wollen also die Linken?

Rechtslage: Niemand muss zweimal zahlen

Die klare Rechtslage geht davon aus, dass alle Grundstückseigentümer von den Investitionen nach der Wende ins Abwassernetz profitieren oder für sie verantwortlich sind. Es geht also nicht um Investitionen, die vor der Wende getätigt wurden; niemand zahlt also zweimal. Zu DDR-Zeiten waren die Abwasseranlagen Volkseigentum, sie sind mit staatlichen Mitteln und oft auch mit persönlichem Einsatz und in Nachbarschaftshilfe erstellt worden. Nach der Wende wurden diese Anlagen in kommunales Eigentum übergeben. Sie waren stark sanierungsbedürftig. Undichte Rohrleitungen führten zu großen Wasserverlusten, die Kläranlagen waren nicht auf dem Stand der Technik. Warum sollen die sogenannten Neuanschließer alle Nachwendeinvestitionen alleine bezahlen? Der Austausch eines undichten Hauptrohres kommt schließlich allen zugute. Und alle Grundstückseigentümer sind für zeitgemäße Kläranlagen verantwortlich.

Die alleinige Belastung der Neuanschließer wäre eine Ungleichbehandlung

Genau das hat die Rechtsprechung vorgegeben: Es wäre eine Ungleichbehandlung, wenn nur Neuanschließer die Investitionen nach der Wende bezahlen. Sie könnten dann zu Recht gegen ihre Beitragsbescheide vorgehen. Es geht auch nicht, dass die Gebühren für alle erhöht werden, weil sich die Altanschließer an den Investitionen nicht beteiligen. Auch das wäre ein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung. Die Rechtsprechung sagt deshalb, dass in einem solchen Fall die Bewohner von Altanschließergrundstücken höhere Wasserpreise bezahlen müssten. Wäre das besser?

Die SPD-Fraktion in der Gemeindevertretung meint, dass jedenfalls die Gemeinde selbst nicht gegen ihren eigenen Verband gerichtlich vorgehen sollte und stellte einen entsprechenden Antrag zur Gemeindevertretersitzung am 26. Oktober. Wir konnten den Antrag allerdings zurückziehen. Denn zwischenzeitlich stellte die Bürgermeisterin klar, dass die Gemeinde nicht klagen werde. Es gehe demgegenüber lediglich um einen Widerspruch mit Blick auf ein anderes Musterverfahren, was mit der Verbandsgemeinde Michendorf auch abgestimmt sei. Weder sollten dem Verband Vorabzahlungen der Gemeinde vorenthalten werden noch würden zusätzliche Prozesskostenrisiken entstehen.